Berber Hochzeit im Hohen Atlas

Beni Mellal Azoul

Wie schon im letzten Bericht angedeutet, hatten wir eine gruselige Nacht. Es begann damit das sich die Hunde der umliegenden Höfe und Dörfer lautstark unterhielten. Zwischendrin immer wieder Geheul wie von Werwölfen, die immer wieder von komischen jammernden Geräuschen übertönt wurden.

Nach einer ganzen Weile stellte ich fest, das dieses jammernde Geräusch aus unserem Womo stammte und es sich um das schluchzen meiner Frau handelte. Ich drehte mich zu ihr, nahm sie in den Arm und sagte “Wir fahren morgen Früh zurück und nehmen Beni in unserer Familie auf“ Überglücklich mit Freudentränen in den Augen, schlief auch sie dann endlich ein.

Am nächsten Morgen sind wir früh hoch und die 150KM zurück nach Ouzoud gefahren, Beni saß schon neben dem Restaurant und schien auf uns zu warten. Hamid erzählte uns dann noch bei einem schnellen Berbertee, das auch Beni die ganze Nacht am jammern war. Wir blieben nur kurz, da wir ja zum einem die 150KM wieder zurück und noch zusätzliche 250KM durch den Hohen Atlas heute schaffen wollten.

Hoher Atlas

Die Strecke begann dann eher langweilig, mit Serpentinen, wie wir sie nun ja schon einige Male auf unseren Strecken in Marokko erlebt haben. Die Färbungen der Berge war nicht so schön, wie auf der Strecke nach Ouzoud. Die Steigungen wurden steiler, die Straße war zwar immer noch gut befahrbar, aber schon mehr Schlaglöcher und die Umgebung wurde karger. Die Berge wechselten die Farben zwischen Grautönen und Brauntönen und wir erreichten dann langsam auch die 2000 Höhenmeter. Immer wieder kamen jetzt Streckenabschnitte mit Schotterpiste und ein Stück weiter wieder einige Kilometer frisch asphaltiert.

Wir kamen an einer kleinen Talsenke vorbei, in der in karibischen Farben ein See, in der schon tief stehenden Sonne schimmerte. Schließlich erreichten wir dann auf 2700 Metern Höhe den Abzweig, der uns dann nur noch 15Km von unserem nächsten Übernachtungsort trennte.

Weitere 2-3 Kilometer auf der Strecke gefahren, meinte plötzlich unsere Navi App OSMand, das wir falsch seien und umdrehen sollten. Wir folgten brav den Anweisung und befanden und kurz danach dann mitten in einem Ort mit echt schlechter Schotterpiste. Egal, Navi sagt da lang, also da lang. Es ging stetig bergauf mit kurzen ebenen Stücken, die Piste wurde immer schlechter und der Abstand zwischen Häuserwänden und Womo immer geringer.

Dann war aber Schluss.

Direkt an einem kleinen Hang, parkte ein kleines Auto und wir hatten in der ohnehin zu engen Straße keine Möglichkeit vorbeizukommen. Rückwärts konnten wir auch nicht, da wir sonst mit dem Heck aufsetzen würden, also blieb uns nur noch zu hupen.

 

Es kamen Kinder, sehr sehr viele Kinder und wir versuchten ihnen klar zu machen was wir wollten. Zwei der Buben flitzten los und holten den Fahrer des PKWs.

Berber Hochzeit

Er entschuldigte sich für die Umstände und fuhr den Wagen beiseite und kam wieder an unser Womo.

In sehr guten englisch erzählte er uns, das seine Schwester gerade ihre Hochzeit feiert und wir jetzt hiermit eingeladen sind mitzufeiern. Wir versuchten dankend abzulehnen, mit der Begründung das wir mit Freunden zum Essen verabredet sind und es gleich dunkel wird und wir nicht im dunkeln die schwierige Strecke weiter fahren wollten.

Er bot uns an, nach einem kurzen Tee, uns wieder zurück zur richtigen Strecke zu bringen.

Wie wir bereits erwähnt hatten, gilt es als Beleidigung, die Einladung zum Tee nicht anzunehmen. Spätestens bei der dritten Anfrage muss man sie annehmen. Obwohl wir eigentlich nur endlich in unser Bett wollten, nahmen wir doch die Einladung an, packten noch ein paar Gastgeschenke für das Brautpaar ein, Merry zog noch ein Kopftuch über und folgten dann der Einladung.

Während der Feier hatte Merry dann mit Abstand den besseren Part von uns Zweien. (Das sagt Frank, ich hatte den interessanteren Teil, aber es war verdammt kalt und ich habe mir dabei ordentlichen einen aufgesackt. Die Frauen liefen alle mit Teppichen bemantelt umher, besonders große Badezimmerteppiche waren sehr beliebt. Im Nachhinein hatte ich mir vielleicht doch einen der angebotenen Badezimmerteppiche umhängen sollten).

Wie es in Marokko üblich ist feiern Frauen und Männer nicht gemeinsam. Die Frauen verbringen die Feier mit Trommeln, Gesang und Tanz im Innenhof, während die Männer im Haus sitzen, Tee trinken, quatschen und TV schauen (heute Disney Channel auf arabisch). Leider konnte ich mich nur mit dem Bruder verständigen, der zwar fleißig übersetzte, was ich auf arabisch alles gefragt wurde. Die anderen Gäste wollten wissen wie ich lebe, was ich beruflich mache und wie viele Kinder ich denn so habe.

Das wir auf der Hochzeit keine Fotos gemacht haben erklärt sich von selbst, auch bat der Gastgeber darum dies nicht heimlich zu machen.

Nach gut zwei Stunden schafften wir es dann den Bruder endlich davon zu überzeugen, dass wir wirklich los müssen, da sich unsere Freunde sicher schon Sorgen machen würden. Es war mittlerweile Stockdunkel und ein kräftiger Wind fing an zu wehen. Der Bruder brachte uns dann noch bis zur richtigen Straße runter und wir fuhren die letzten 15 Km extrem langsam, wegen der Dunkelheit. Angekommen bei unserer Unterkunft wurden wir dann auch tatsächlich schon erwartet, Hamid aus Ouzoud hatte uns bereits bei seinem Schwager angekündigt und der schien sich tatsächlich schon ein paar Gedanken gemacht zu haben, wo wir denn blieben.

Wir aßen dann noch Abendbrot, das Essen war OK, aber bei weiten nicht so gut wie bislang. Wir gingen dann ins Womo und legten uns schlafen. Auch diese Nacht wurde wieder eine unruhige, es zog ein Orkan mit 12 Windstärken und massig Regen über uns hinweg. Das ganze auf fast 3000 Meter Höhe fühlte sich echt heftig an.

 

Todgha Schlucht

Nächsten Morgen wurde dann noch schnell gefrühstückt und es ging weiter zur Todgha Schlucht. Da der Sturm aber auch reichlich Sand aus der Sahara mitgebracht hatte, war die Sicht einfach nur bescheiden. Je tiefer wir wieder kamen, umso besser wurde sie zwar, aber selbst am tiefsten Teil der Schlucht verschleierte der feine Sand in der Luft immer noch die Sicht.

Das was wir sehen konnten war beeindruckend, durch die getrübte Sicht für uns aber kein Grund uns da länger aufzuhalten. Also fuhren wir weiter zum nächsten Übernachtungsort, bestellten Tajine für den Abend und gingen noch ein wenig in dem Ort spazieren. Die Sicht klarte auch immer mehr auf und wir bekamen noch einen wundervollen Ausblick über die Oase die unterhalb unsere Herberge lag.

Von der Betreiberfamilie wurden wir dann noch eingeladen, nach dem Essen, mit weiteren deutschen Gästen, an einem Berber Abend teil zu nehmen. Wir verkrümelten uns aber nach dem Essen ins Bett und genossen die Rhythmen der Trommeln und dem Gesang beim einschlafen.

Nächsten Morgen wollten wir eigentlich früh starten, die Wüste wartete ja auf uns nicht ewig, woraus aber nichts wurde. Als „Strafe“ das wir am Abend nicht dabei waren, mussten wir dann mit der Familie gemeinsam frühstücken. Das sehr lecker war und wir verbrachten dann noch gut zwei Stunden, um über unser Leben in Deutschland und unseren Reisen zu erzählen. Zum Abschied wurden wir dann geherzt und geknuddelt bis zum umfallen, selbst Frank wurde von der Mutter des Hauses und den beiden Töchtern mehrfach gedrückt, was eigentlich völlig gegen die Gebräuche der Berber spricht. Dann ging es endlich in die Wüste!

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