Wandteppich von Bayeux

Der Wandteppich von Bayeux

Das wir jemals einen Bericht über einen Wandteppich schreiben würden, haben wir bis heute auch nicht gedacht. Der Wandteppich von Bayeux ist so faszinierend und vor allem einzigartig auf der Welt, das wir gar nicht anders können. Zudem verbinden sich von Merry hier gleich 3 Hobbys: Ihre Liebe für Frankreich, ihre Leidenschaft für das Sticken und ihr Interesse für die Geschichte und Kultur.

Allgemeines zum Wandteppich von Bayeux

Der Wandteppich von Bayeux stammt aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts und ist eine Wollstickerei auf Leinen. Er ist knapp 70 Meter lang und ca. 50 Zentimeter hoch. Er stellt mit seinen 58 Einzelszenen die Eroberung Englands im Jahre 1066 durch Wilhelm den Eroberer (Guillaume le Conquérant) dar. Das Ende mit der Krönung Wilhelms ist leider abgerissen und verschwunden, so das die ursprüngliche Länge nicht mehr nachvollziehbar ist.

UNESCO Weltdokumentenerbe

Besonders faszinierend ist die Fülle der detaillierten Einzeldarstellungen und die Handwerkliche Qualität. Er gilt als eines der bemerkenswertesten Bilddenkmäler des Hochmittelalters und gehört seit 2007 zum Weltdokumentenerbe der UNESCO.
Historikern dient er bis heute als reiche Fundgrube für ihre Forschung. Die Details geben Aufschluss über viele Aspekte mittelalterlichen Lebens. So finden sich Einzelheiten zu Schiffen, Schiffsbau und Seewesen, Tracht und Schmuck, Kampfweise und Ausrüstung normannischer und angelsächsischer Krieger, der königlichen Jagd und vielem weiteren.

Center Guillaume le Conquérant

Der Teppich von Bayeux wird seit 1982 im eigens dafür errichteten „Centre Guillaume le Conquérant“ in Bayeux ausgestellt. Eine weitgehend originalgetreu gearbeitete Kopie aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts findet sich im Stadtmuseum von Reading.

Handwerkliches zum Wandteppich

Bei der Arbeit handelt es sich nicht im eigentlichen Sinne um einen Teppich, viel mehr um eine auf neun miteinander verbundenen Leinenbahnen ausgeführte Stickarbeit. Die einzelnen Leinenbahnen sind sehr sorgfältig miteinander vernäht, so dass die Nahtstellen kaum auffallen. Für die Stickerei wurden Leinen und mindestens 45 Kilo Wolle verarbeitet.

Geschichten und Legenden

Um den Teppich ranken sich einige Geschichten und Legenden. Sowohl über den Auftraggeber als auch über die Art der Herstellung.
Aufgrund des Detailreichtums wird vermutet, das der Künstler direkte Kenntnisse von der Schlacht hatte. Am Entwurf des Begleittextes waren vermutlich mehrere Personen beteiligt, darauf weisen die unterschiedliche Schreibweisen von Namen hin.

Werkstätten, die mit solchen Stickarbeiten beauftragt wurden, fertigten normalerweise Liturgische Gewänder oder prunkvolle Altardecken, die von ihren Auftraggebern Kirchen oder Klöstern gestiftet wurden.

Mögliche Auftraggeber

Als mögliche Auftraggeber kommen drei Personen in Betracht:

  • Odo von Bayeux gilt als einer der möglichen Auftraggeber des Teppichs. Da er in der Darstellung eine größere Rolle in der Schlacht spielte, als ihm zeitgenössische Quellen beimessen. Er taucht in vier entscheidenden Szenen der Darstellung auf und wird in drei Szenen namentlich genannt.
    Die Auftraggeberschaft des Bischofs Odo liefert eine plausible Erklärung, wie der Teppich in den Besitz der Kathedrale von Bayeux gelangte. Auf Grund der neutralen Darstellung der Ereignisse wird vermutet, dass der Entwerfer der angelsächsischen Seite nahe stand und aus diesem Grund der Teppich diese Doppeldeutigkeit aufweist.
  • Der französische Graf Eustace von Boulogne legte sich militärisch mit Bischof Odo an. Warum der Graf sich entschied Herzog Wilhelm bei seinem Eroberungsfeldzug zu unterstützen, ist nicht mehr nachvollziehbar. Es war schon ungewöhnlich, da er kein Normanne, sondern Franzose war. Der Teppich von Bayeux hebt in seinen Schlachtszenen neben Herzog Wilhelm und Bischof Odo ausdrücklich den Grafen Eustace von Boulogne durch namentliche Nennung hervor. In den 1070er Jahren kam es zu einer Versöhnung zwischen Graf Eustace, König Wilhelm und Bischof Odo. Dieses Szenario liefert eine plausible Erklärung, warum Bischof Odo auf dem Teppich so hervorgehoben wird, und erklärt auch die Nennung von Graf Eustace. Zudem würde es den Verbleib in der Kathedrale erklären.
  • Die Schwester des besiegten Königs Harold und Witwe König Eduards des Bekenners, Edith von Wessex. Der normannische Sieger Wilhelm enteignete zwar den Großteil des angelsächsischen Adels, verschonte jedoch ausgerechnet Edith von Wessex. Sie wird als ungewöhnlich gebildete Frau beschrieben. Als Auftraggeberin kommt sie in Frage, da dies die neutrale Darstellung der normannischen Eroberung auf dem Teppich von Bayeux schlüssig erklären würde. Sie selbst ist am Sterbebett Eduards abgebildet, und der Teppich von Bayeux hält nicht nur den Tod ihres Bruders Harald, sondern auch den ihrer Brüder fest. Edith von Wessex hätte den Teppich in einem Zeitraum in Auftrag gegeben, in dem Odo von Bayeux in England eine Macht ausübte, die dem eines Vizekönigs gleichkam. Dies würde erklären, warum Odo von Bayeux auf dem Teppich so prominent herausgestellt ist. Graf Eustace war ihr Schwager, so dass sich über diese familiäre Verbindung auch dessen namentliche Nennung erklären würde. Als Königin hatte sie die königliche Kleiderkammer verwaltet und verfügte daher über Verbindungen zu zahlreichen Klöstern, die solche Textilarbeiten ausführten. Sie ist außerdem nachweislich die Auftraggeberin der Vita Ædwardi Regis, der Lebensgeschichte ihres Mannes, in der auch die Leistungen ihres Vaters breiten Raum einnehmen. Auffällig ist hier vor allem die Ähnlichkeit zwischen der Darstellung der Todesszene auf dem Teppich von Bayeux und der Schilderung der letzten Stunden in der Vita Ædwardi Regis. Es ist möglich, dass die Hochgebildete im Gegenzug durch die gestickte Geschichtsinterpretation propagandawirksam Wilhelms Herrschaftsanspruch anerkannte.

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